Pflegestreik und die Bewegung in Deutschland.

Was soll ich dazu sagen,

was 2015 als Online-Idee angefangen hat, ist wie es schön heißt: viral gegangen.

 

Pflegestreik - ein Idee geht durch Deutschland!

 

 

Viele Pflegekräfte halten es immer noch für undenkbar, zu streiken. Also die Arbeit niederzulegen, den Arbeitsplatz zu verlassen, um für die eigenen Arbeitsbedingungen auf die Straße zu gehen. Dieselben Pflegekräfte, die die Station nicht verlassen möchten, um eine echte Pause haben zu können.

Viele, viele gute Kolleginnen und Kollegen sind in den letzten Jahren aus dem Arbeitsplatz Krankenhaus und Pflegeheim gegangen. Nachgekommen sind nur wenige.

 

Die, die geblieben sind, bemühen sich seit Jahren, dass was sie als gute Pflege gelernt haben, weiter umzusetzen und durchzuführen.

Der ganze Prozess des Personalabbaus und der Arbeitsverdichtung ging in den letzten Jahren so schleichend, dass erst vor wenigen Jahren die Pflegekräfte gemerkt haben, wie es wirklich um sie steht.

Die Arbeitsbedingungen sind mittlerweile in vielen Bereichen so bescheiden, dass viele dadurch krank geworden sind. Viele stehen mittlerweile kurz vor dem Aufgeben. Den geliebten Beruf aufgeben und sich einfach etwas anderes suchen, etwas Geregeltes, etwas mit freien Wochenenden, etwas mit planbaren Arbeits- UND Freizeiten, ohne ständig angerufen zu werden und bebettelt werden einzuspringen.

Der Pflegestreik an der Charité 2015 hatte alles ins Rollen gebracht. Auch wenn die Ursprungsbedingungen und das Tarifergebnis an der Charité vielleicht nicht für alle Kliniken übertragbar sind, dachte sich ver.di im kleinen Saarland: was die können, können wir auch.

Im Saarland gibt es sowieso zu viele Krankenhäuser, die viel zu wenig zusammen arbeiten, also lasst uns mal den Pflegestreik hier versuchen. Und Mitglieder haben wir auch zuwenig und insgesamt bräuchten wir mal wieder eine positive Lobby.

Die Grundidee im Saarland war, Beschäftigte von mindestens 11 der 21 Krankenhäuser dazu zu bringen, streikbereit zu sein. Nun war das Problem, dass Friedenspflicht herrscht und nur für etwas gestreikt werden darf, was noch nicht in einem Tarifvertrag geregelt ist. Also wurde die Idee geboren, einen sogenannten "Tarifvertrag Entlastung" zu fordern und gegebenenfalls dafür zu streiken.

Aber oha: die Arbeitgeber wollen nicht verhandeln. Ver.di Berlin und die unterschiedlichen Arbeitgebervereinigungen seien zuständig. Verdi TrierSaar behauptet das Gegenteil.

Wer jetzt Recht hat, ist im Grunde genommen immer noch nicht geklärt.

Aber die ganze Streikdiskussion hatte 2016 auch die Landesregierung aufgeschreckt, denn schließlich stehen im März 2017 Landtagswahlen an. Eine positive Lobby für das Gesundheitsministerium kann da auch nicht schaden.

Gemeinsam mit dem Landespflegerat wurde ein "Pflegepakt" ins Leben gerufen, um die Situation der Pflegekräfte partei- und institutionenübergreifend durch Maßnahmen zu verbessern. Hier wurden viele gute Ideen entwickelt.

Auch wurde von der zuständigen Ministerin ein Entschließungsantrag in den Bundesrat geschickt, um für eine bessere Pflegepersonalbesetzung in den Krankenhäusern zu sorgen.

Kurz vorm Internationalen Frauentag hat dann sogar zufällig zeitgleich die Expertenkommission der Bundesregierung ihr Ergebnis für eine Personalbemessung im Krankenhaus vorgestellt.

Aus einem Pflegestreik am 8. März 2017 wurde vorerst eine gemeinsame Demonstration von Saarländischer Krankenhausgesellschaft, Gesundheitsministerium und ver.di.

4000 Menschen gingen auf die Straße, trotz Regen und Kälte ließ sich niemand von dem knapp 6 km langen Marsch abhalten.

Die Idee eines Pflegestreiks hat sogar bis jetzt schon bei so vielen saarländischen Pflegekräften und Sympathisanten Anklang gefunden, dass es in Saarbrücken am 20.03.2017 einen weiteren Warnstreik für eine bessere Pflege geben wird.

Alles in allem beachtliche Bewegungen in kurzer Zeit. Insgesamt gehe ich davon aus, dass die gemeinsame Arbeit aller Berufsverbände und Partner im Gesundheitswesen dazu beigetragen haben, dass sich die Bundesregierung jetzt (kurz vor der Bundestagswahl) endlich bewegt. Zwar langsam, viel zu langsam, aber sie bewegt sich.

 

Danke an Heide Helga für diesen Beitrag.

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Menschen in der Pflege

In der Pflege arbeiten Menschen, wie in jedem anderen Beruf auch.

Und doch spielen gerade diese Menschen eine herausragende Rolle in einem Berufsbild,

das in der Gesellschaft gerne vergessen wird, bis man es benötigt.


Einen Termin beim Amt per Mausklick ausmachen? – na klar erleichtert das Ganze ungemein.


An der Telefonhotline mit einem Computer sprechen? – für die meisten kein Problem.


Onlineshopping nachdem man sich selbst mittels Testberichten schlau gemacht hat

– liebend gerne, ist ja so praktisch, und bestimmt auch viel günstiger als die Beratung im Geschäft.


Pflegeroboter die einen Waschen? - Äh bitte? Nein auf keinen Fall! Was für eine bescheuerte Frage.


Liegt diese ablehnende Haltung nun daran, dass die meisten Pflegebdürftigen eher alte Menschen sind?

Das kann kaum der Grund sein, denn auch Jüngere Menschen sind „Pflegeempfänger“,

meistens ist ihnen das gar nicht bewusst.

Im Krankenhaus mal schnell den Blinddarm raus?

Das Kreuzband gerissen beim Fußballspiel?

Ohne Pflege, trotz der besten Ärzte, lebensgefährlich.


Man nimmt selbstverständlich an, dass man von Pflegekräften kompetent und freundlich (ja vor allem das) behandelt wird, wie soll bitte das ein Computer leisten?

Selbst eine „einfache“ (Pflege)Anamnese ist nur dann gut, wenn ein Mensch dahinter Antworten auch dann versteht,

wenn der Antwortende die Frage und die dazugehörigen Hintergründe gar nicht überblicken kann.

Der Computer kann schlicht die nackten Antworten nicht mit dem Bild des individuellen Menschen überein bringen,

aber gerade das kann lebenswichtig sein.


Kurzum: Kaum ein anderer Berufszweig lebt so sehr von den Menschen die ihn ausüben.

Warum werden dann in kaum einem anderen Berufszweig selbige so herablassend behandelt?


Eine Frage deren Beantwortung mehrerer Studien und Ansätze bedarf, aber kurz mit „Geld“ zu beantworten sein mag.

Pflegepersonal ist teuer, nicht etwa weil es gut verdient, sondern schlicht,

weil soviel davon benötigt wird um die Arbeit sachgerecht und kompetent zu leisten.


Der Mensch im Mittelpunkt“ - der Leitspruch vieler Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen.

Leider scheint sich der Mensch in der Realität oft auf den Chefarzt oder die Gesellschafter zu beziehen.

Die Menschen die im Mittelpunkt stehen sollten, die zu Pflegenden, Patienten, Bewohner werden gerne vergessen,

auch eben deswegen, weil Menschlichkeit nicht im Mittelpunkt stehen kann,

wenn die Menschen die dafür sorgen sollen unmenschlich behandelt werden.


Hier soll es nun um diese Menschen gehen.

Menschen die zwischen politischem Kalkül und wirtschaftlichen Berechnungen zu ertrinken drohen.

Auf beiden Seiten. Pflegende und zu Pflegende.


Ob ein #Pflegestreik angemessen und moralisch wie ethisch vertretbar ist mag sich danach jeder selbst überlegen.

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